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So nutzen Sie Ihre persönliche Ebbe und Flut

von | 25. Aug 2023 | Allgemein

 

Nicht nur das Meer, vieles in der Natur kennt feste Rhythmen. Auch wir Menschen haben solche Gezeiten, sogar mehrere: den Herzschlag im (Halb-)Sekundentakt, das Ein- und Ausatmen im Takt unserer Lunge, Schlafen und Wachsein im Takt des Tages, Arbeit und Entspannung im Takt der Woche.

Seit einiger Zeit rückt ein bisher wenig beachteter Rhythmus in den Blickpunkt der Wissenschaft: der innerhalb eines Tages (von lateinisch ultra = über, dies = Tag).

 

1.) Niemand kann immer Höchstleistung bringen …

Die sparen sich Tiere wie Menschen auf für besondere Gelegenheiten. Das Gehirn sendet in Notfallsituationen Hormone als Botenstoffe durch Ihren Körper, damit Sie kämpfen oder davonlaufen können. Doch auch in friedlichen Zeiten steuern Hormone Ihren Körper und seine Rhythmen, vom allgemeinen Wachstum bis zur Regelblutung bei Frauen.

Ein sanfter, aber dennoch spürbarer Rhythmus während des Tages ist der Basic Rest Activity Cycle (BRAC), erstmals beschrieben von dem russisch-amerikanischen Schlafforscher Nathaniel Kleitman. Ein voller Durchlauf von hoher zu niedriger Energie dauert in der Regel ca. 90 Minuten, bei manchen Menschen kann er bis zu 120 Minuten lang sein. Das klassische Muster besteht aus 20 Minuten Ebbe und 70 bis 100 Minuten Flut, wobei die Mitte der Flut Ihr Leistungshoch darstellt.

… aber Höchstleistung wird permanent erwartet

Wir leben in einer Arbeitskultur, die nicht auf solche Zyklen achtet. Gelobt wird, wer pausenlos durchschafft. Wer zwischendurch müde wird, versucht daher, dass möglichst zu ignorieren. Deswegen ist es wichtig, dass Sie selbst ein Bewusstsein für dieses Auf und Ab entwickeln.

Mein Rat: Dokumentieren Sie Ihre Pausen

Führen Sie mindestens 3 Tage lang Buch, wann Sie während Ihres normalen Arbeitstages eine Pause machen (Kaffee holen, auf die Toilette gehen, Schwätzchen mit dem Zimmerkollegen, Mittagspause usw.). Schätzen Sie außerdem den Grad Ihrer Aufmerksamkeit im Tagesverlauf ein. Am besten auf einer Skala von 1 (= „Kurz vor dem Einnicken“) bis 10 (= „Ich könnte die Welt aus den Angeln heben“). Konzentrieren Sie sich dabei vor allem auf Ihre „Hochs“. Notieren Sie, zu welchen Uhrzeiten Sie gut drauf sind oder Ihnen die Arbeit schnell von der Hand geht.

 

2.) Werden Sie realistisch

Haben Sie ein Muster entdeckt? Manche Menschen kommen gut zurecht mit 60 Minuten Sprint und 30 Minuten Pause, andere brauchen 80 Minuten Arbeit und 20 Minuten Entspannung oder 60 Minuten Vollgas und 40 Minuten Boxenstopp. Viele Kombinationen sind möglich. Keine Sorge, wenn Sie feststellen, dass Ihre Hochenergie-Zeiten nicht allzu lang sind: Entscheidend ist, was Sie in denen zuwege bringen. Viele Spitzenkräfte haben nur kurze Hochs, sind in denen aber außergewöhnlich dynamisch oder kreativ.

Mein Rat: Nutzen Sie Ihre Ebbe-Zeiten auf intelligente Weise

Legen Sie sich dafür Arbeiten zurecht, die sich mechanisch und ohne große innere Anspannung erledigen lassen. Die existieren in fast jedem Beruf. Wenn Sie feststellen, dass es in Ihrem Arbeitstag extreme Niedrigenergie-Zeiten gibt, erwägen Sie radikale Lösungen. Vielleicht haben Sie die Chance, ein erholsames Nickerchen zu machen. Vor allem bei Menschen über 50 kann das Wunder bewirken!

 

3.) Geben Sie Ihren Gezeiten eine Chance

Trainieren Sie Ihr Bewusstsein für Ihre inneren Rhythmen. Dann werden Sie vielleicht merken, dass Sie mehr von abendlichen Einladungen haben, wenn Sie sich zwischen den Gesprächen mal in die Küche oder zu einem kurzen Spaziergang nach draußen zurückziehen. Oder Sie entdecken, dass Sie nach beruflichen Reisen mehrere Tage brauchen, um wieder in Ihre inneren Gezeiten zu finden. Das kann Sie motivieren, solche – für Ihre Arbeitsleistung kontraproduktiven – Termine durch Telefonkonferenzen o. Ä. zu ersetzen.

 Mein Rat: Sorgen Sie für Gleichmäßigkeit

Je gleichmäßiger Ihr Arbeitstag ist, umso klarer gehen Ihre inneren Ebbe-und-Flut-Zeiten mit der Uhr, und Sie können sich darauf einstellen. Beginnt Ihr Arbeitstag aus organisatorischen Gründen zu verschiedenen Tageszeiten, installieren Sie Rituale für den Arbeitsbeginn (Essen vor dem Aufbruch, Gewohnheiten während des Weges zur Arbeit usw.). Meist beginnt Ihr typischer Ebbe-Flut-Zirkel dann mit Ihrem Arbeitsstart.

 

4.) Stimmen Sie sich ab

Praktisch wär’s, wenn in einem Arbeitsteam oder einer Familie alle denselben Rhythmus hätten. Doch das ist eine Illusion. Wichtig, um Reibereien zu vermeiden: Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihre Mitmenschen zur gleichen Zeit wie Sie Ebbe oder Flut erleben. Drängen Sie Ihrem Kollegen kein Schwätzchen auf, wenn Sie merken, dass er gerade sehr konzentriert arbeitet. Sie möchten ein schwieriges Paarthema angehen? Dann wählen Sie gemeinsam einen Zeitpunkt, zu dem Sie beide aufmerksam sind.

Mein Rat: Visualisieren Sie an Ihrem Arbeitsplatz

Damit Sie sich an Ihre innere Ebbe und Flut erinnern, wählen Sie ein schönes Meeresbild als Bildschirmschoner, oder Sie stellen ein Meeresfoto an Ihren Arbeitsplatz. „Go with the flood“, raten die Arbeitspsychologen, folgen Sie der Flut. Und wandern Sie gelassen durch Ihr Watt.

 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Nachdenken und Umsetzen Ihrer Maßnahmen.

Andreas Berwing

Andreas Berwing

Unternehmer, Trainer/Coach, Keynote-Speaker bei

Businesstraining-Hannover

Über 30 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Industriebereichen gesammelt: Konsumerindustrie, Unterhaltungselektronik, Automobilzulieferindustrie, Reifenindustrie davon mehr als 16 Jahre als Führungskraft

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